Dienstag, 21. Dezember 2010

Heute Kinder wirds was geben

Also Zeit, Euch allen für die vielen schönen Gespräche zu danken. Genießt die besinnliche Zeit, den Schnee, manch ein Karibik- oder Südsee-"Fernfahrer" hat wenn überhaupt jetzt mal Sehnsucht nach heimatlicher Winter-Romantik. Kommt gut ins neue Jahr - und allzeit Wasser unterm Kiel!

Elektronische Seekarten

Dazu steht im Bundesministeriums-"Leitfaden für Wassersportler" : Freizeitskipper können auch mit nichtamtlichen Papierierseekarten oder Elektronischen Seekarten auf Fahrt ge­hen. Weiter heisst es:
Bitte bedenken Sie immer, dass Seekarten ständig ergänzt und berichtigt werden. Wenn ihre Seekarten – egal ob Sie amtliche, nichtamtliche oder elektronische Karten nutzen – nicht aktuell oder sonst mangelhaft sind und es dadurch zu einem Seeunfall kommt oder ein solcher mit verursacht wird, kann das von der Bundesstelle für Seeunfalluntersu­chung (BSU) oder vom Seeamt als grobe Fahrlässigkeit und Verstoß gegen die Regeln der Guten Seemannschaft gewer­tet werden. Das hat nicht nur Verlust des Bootsführerscheins zur Folge, sondern kann auch versicherungsrechtliche Kon­sequenzen haben.
Ich habe nichts darüber gefunden, dass Papierkarten zusätzlich zu Elektronischen Seekarten an Bord sein müssen.  Es bleibt jedoch die Frage, was im Sinne des Gesetzes "aktuell" bedeutet. Jährlich alle Kartensätze neu kaufen? Meine Adria-Karten erschienen dieses Jahr im Mai, ich musste also Ostern die "alten" 2009er nehmen. Also ich denke, auch hier "mit gesundem Menschenverstand" entscheiden. Gut dass wenigstens die USA ihre kostenlosen Elektronischen Karten vom NOAA Server permanent aktualisieren. Die lassen sich auch prima mit meiner Lieblings-Software OpenCPN laden.

Blitzschutz

So, das ist aber nun vorerst das letzte Thema der Abteilung "Katastrophen". Ich werde öfter gefragt, was ist eigentlich, wenn mal ein Blitz ins Schiff einschlägt. Vorweg die gute Nachricht: die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, viel seltener übrigens, als Zerstörung durch Kollision mit Treibgut. Der Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung (ABB) des VERBAND DER ELEKTROTECHNIK hat dazu ein umfassendes Dokument herausgegeben: Nur ein fest montierter Blitzschutz verhindert zuverlässig Schäden. Ein unter dem Kiel gezogenes starkes Kupferseil, das mit Klemmen an Mast und Stagen stramm befestigt ist, kann nur als Provisorium angesehen werden.

Dazu sagt Universitäts-Professor Dr. Peter Knoll auf der website von Bobby Schenk jedoch: Einziger Haken an der Angelegenheit: wenn man all diese Maßnahmen versucht in eine Yacht einzubauen, dann kann es sehr aufwendig und teuer werden. Es gibt Berichte von Eignern, die weitgehend die Maßnahmen umgesetzt haben und trotzdem Totalschaden hatten.
(Einige Skipper schwören auf ein Starthilfekabel : ein Ende an die Want, das andere ins Wasser hängen lassen).

Tja, ich schließe diesen Post ohne Lösung, aber mit Ironie frei nach dem Motto eines schwedischen Möbelhauses: Schraubst Du noch oder segelst Du schon...

Montag, 20. Dezember 2010

Logbuch Pflicht

Angeregt durch den gewissenhaften "Copiloten" Thomas, der vorbildlich Logbuch geführt hat beim letzten Törn, habe ich mich noch mal nach den Pflichten erkundigt.
Tatsächlich besteht für die Sportschifffahrt die Pflicht zum Führen eines so genannten Schiffstagebuches, das der Führer an Bord haben muss in gebundener Form, ohne herausgerissen Seiten und "Radierungen" laut Dokument hier . Auch nach internationalem Recht (SOLAS) müssen darin Aufzeichnungen ausführlich geführt werden, die für sichere Schiffsführung von Bedeutung sind und ein vollständiges Bild der Reise wiedergeben. Dazu gehört auch die Eintragung des geplanten Tagesziels vor dem Ablegen. Also, ich gelobe Besserung, habe ein gebundenes Buch bestellt auch wenn sich das Bundesministerium für Verkehr, Bau usw an anderer Stelle wie so oft schon widerspricht im "Leitfaden für Wassersportler" : Das Führen eines Schiffstagebuches kann von der Wasserschutzpolizei überprüft werden. Auf Sportbooten müssen keine vorgedruckten Bücher verwendet werden. Es ist auch nicht erforderlich, für die Eintragungen bestimmte Formvorschriften einzuhalten. Der beste Maßstab für die In­terpretation der Tagebuchführungspflicht ist das vernünf­tige Urteil eines verantwortlichen Verkehrsteilnehmers, der die seemännischen Sorgfaltspflichten einhält. Der Eigentümer und der an Bord Verantwortliche müssen also selbst entscheiden, wie sie die erforderlichen Eintragungen vor­nehmen.
Das Nichtführen (eines Logbuches wie die Skipper sagen) gilt als Ordnungswidrigkeit.

Sonntag, 19. Dezember 2010

Kollision mit Walen, Containern etc

Ein Thema, das mich seit einer 75-seitigen Studie im Jahr 2001 beschäftigt, ist die Kollision von Segelschiffen mit unsichtbaren Hindernissen wie unbeleuchtete Fischerboote ohne Radar-Reflektor, aber auch zunehmend Unfälle mit (schlafenden) Walen, die im Gegensatz zu großen Objekten wie z.B. treibenden Containern von Radargeräten nicht gesehen werden können.
Diskussionen darüber gibt es in mehreren Foren und Google findet über 150.000 Ergebnisse

Quelle: http://www.m-e-e-r.org/
Zusammenstöße zwischen Segelyachten und Walen oder Delfinen nehmen derzeit offenbar erheblich zu. Verletzte Segler, verwundete odergar getötete Wale, beschädigte, mitunter sogar gesunkene Yachten gehören zu den Folgen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Wal- und Delfinschutzvereins Meer e.V., die erstmals Zahlen zu derartigen Unfällen weltweit auswertet. 123 Berichte über Kollisionen oder Fast-Kollisionen hat der Autor und Meeresbiologe Fabian Ritter dafür zwischen 2006 und 2008 sowohl in der Presse als auch per Onlineumfrage von Seglern auf allen Weltmeeren gesammelt und in seinem Bericht veröffentlicht.
Tatsächlich kam denn auch kaum eine der großen Hochseeregatten der letzten Zeit über die Runden, ohne dass Yachten mit Walen kollidierten, oder dies zumindest vermuteten.
Ritter fand Zusammenhänge, die den Trend untermauern: In den letzten Jahren gab es immer mehr Hochseesegler und Hochseeregatten, und die Geschwindigkeiten moderner Rennyachten haben  deutlich zugenommen. Aus dem Datenmaterial geht deutlich hervor, dass Segeln oberhalb der Rumpfgeschwindigkeit überproportional häufig zu Kollisionen führt: 26 Prozent der berichteten Fälle spielten sich im Bereich zwischen 10 und 25 Knoten ab. Das bedeutet nicht, dass die relativ kleine Anzahl schneller Hochleistungsyachten auf den Weltmeeren im Verhältnis häufiger betroffen ist als geruhsame Fahrtensegler, bedeutet laut Studie indes nicht, dass die Gefahr eines Zusammenstoßes für diese zu vernachlässigen wäre. So fanden insgesammt immerhin drei von vier berichteten Kollisionen bei bis zu 10 Knoten statt. Auch die meisten Crew-Verletzungen ereigneten sich auf langsameren Yachten.
Nicht bestätigen konnte Ritter zudem die Ergebnisse früherer Untersuchungen, wonach Schäden an der Yacht vermehrt bei Zusammenstößen mit großer Geschwindigkeit auftraten. Stattdessen ließen die ausgewerteten Berichte darauf schließen, dass Eigenbewegung und heftige Schreckreaktionen des getroffenen Tieres eine weit größere Rolle für Schäden am Schiff spielen, als bisher vermutet. Die wesentlich höhere Zahl von Fast-Kollisionen und teils gelungenen Ausweichmanövern bei niedrigeren Geschwindigkeiten legt andererseits auch die wohl wirkungsvollste Gegenmaßnahme nahe: vorher genau informieren, wo auf dem Kurs sich vermehrt Meeressäuger aufhalten, etwa an den Rändern der Kontinentalsockel. Schutzgebiete nach Möglichkeit meiden. Und: die See voraus immer genau im Auge behalten. Dazu auch ein Bericht von der Zeitschrift Palstek
Das Melden von Wal-Unfällen hier ist die Voraussetzung für die Erfassung von besonders auffälligen Gebieten. Zusätzlich werden Mikrofone installiert, die Wal-Aktivität aufzeichnen. Aus diesen Informationen werden z.B. im Großraum Boston Karten mit real-time Walbewegungen veröffentlicht.

Aber was können wir mit unseren kleinen und besonders gefährdeten Segelbooten tun in Gebieten, wo es solche Frühwarnsysteme nicht gibt?

Sonare scheiden aus, weil sich Wale an die Schallsignale gewöhnen bzw. in viel befahrenen Schifffahrtsstraßen wie z.B. Gibraltar überhaupt nicht mehr auf die Frequenzen solcher Sonare z.B. von AquatecGroup reagieren.

Mein Vater machte mich vor ca. einem Jahr schon auf die Firma FLIR aufmerksam. Die haben jetzt eine kleine Revolution heraus gebracht: den First Mate Handheld Thermal Imager:
Damit lassen sich Bilder darstellen, die aufgrund der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit von verschiedenen Materialien sogar aus großer Entfernung erheblich mehr Details zeigen, als Infrarotkameras.

Wärmebildsysteme arbeiten äußerst effizient auf See. Sie können Gegenstände entdecken, die im Wasser treiben und ein Schiff beschädigen, oder noch schlimmer, versenken könnten. Andere Schiffe, Verkehr auf Schifffahrtsstraßen, Bojen, Brücken ... sogar Gegenstände, die nicht mit einem Radarsystem entdeckt werden können, wie kleine Boote (aus Holz), Schwimmer, Treibgut etc. Das Bild lässt sich zusätzlich über einen Video-Ausgang auf einen Plotter-oder PC-Monitor ausgeben.
Einzige Nachteile: die Cam arbeitet nicht durch Glas hindurch und der Preis 2500 USD, aber USA darf Nicht Vision Geräte nicht aus den Staaten rausschicken. In Canada ist der Preis 2900 CAN$ plus Versand, das sind z.Zt. 2170 Euro. In D. gibt es nur einen Händler, der offiziell importiert für 2591,- Vorauskasse und frei Haus für die HM-224
 
Die Bewertungen sind durchweg gut bis euphorisch. Sunseeker-Yachten können schon optional mit FLIR-Kameras bestellt werden. Sie ersetzen übrigens nicht den RADAR, sondern ergänzen ihn in idealer Weise.
Mehr zum First Mate Handheld Thermal Imager von FLIR  hier....

Die Geräte der HS Serie (für Strafverfolgung) sind spritzwassergeschützt, aber nicht schwimmfähig, ansonsten baugleich. 
Für uns ist die Marine-Version aber interessanter. Mit einem zoombaren 24°-18° Sichtwinkels ist die HM-224 mit 240x180 Pixel genau richtig. Die 800,- teureren Modelle HM-324 mit 320x240 Pixel können aus noch weiterer Distanz (aus 790 m ein Schwimmer) erkennen, aber 315 m reichen da wohl vollkommen, ebenso die Erkundung eines Bootes 2,3x2,3m-Boot aus 900 m (die teurere HM-324 kann das aus 2150 m).

Freitag, 17. Dezember 2010

Watermaker

Heute ist noch ein Glückstag. Erst haben wir mit unserer Tochter in Neuseeland via Skype telefoniert und freuen uns mit daran, was sie dort alles erlebt...
Dann kam eine Steuererstattung für 2009 , die uns die Entscheidung erleichtert, nach wochenlangem Zögern nun doch in Trinidad einen Wassermacher zu bestellen, den Ludger (Lagoon Green Duck) uns freundlicherweise vermittelt hat. Da nächstes Jahr die Preise für den ECHOTec 260-DML-1 um 15% erhöht werden, "mussten" wir uns geradezu der günstigen Mengenbestellung anschließen. Es gibt natürlich immer Fachleute mit zig Gegenargumenten (wartungsintensiv, anfällig, stromfressend etc.), aber die Technik hat sich wohl in den letzten Jahren sehr verbessert, der Stromverbrauch (38 A) ist zwar 4 x so hoch wie vom Kühlschrank, aber der Wassermacher läuft auch nur max 1 Std. am Tag ( in der er fast 50 Liter bestes Trinkwasser produziert). Das Wasser ist mit der Qualität des Marina-Trinkwassers z.B. in der Karibik nicht vergleichbar. Es wird dort zu warm und oft weiter weg vom Hafen aufbewahrt, muss evtl. per Dingi heran geholt werden. Liegeplätze in den Marinas sind sowohl im Mittelmeer wie auch in der Karibik sehr teuer, besonders für Katamarane (75 - 100% Aufschlag). Das Leben in ruhigen Buchten ist ohnehin unser Wunsch, und somit der Wassermacher konsequent. Als mich der Chef der Vertriebsfirma gestern noch auf die Idee brachte, statt eines Wassereinlaufs in den Rumpf zu bohren, doch einen vorhandenen Einlauf der beiden Seewasserhähne unter dem Spülbecken zu verwenden, sprach alles dafür..

Es ist wie Weihnachten:

Trotz des unglaublichen Schnees hat sich die Post zu Fuss zu uns durch den Wald gekämpft und - ich mag es kaum erzählen - einen in der "eBucht" ersteigerten Sextanten gebracht.


Ja, er sieht tatsächlich trotz der 10 Jahre wie neu aus.

Ich habe lange überlegt, ob ich es mit der Sicherheit übertreibe. Inzwischen vertrete ich den Standpunkt, dass ich den Preis wohl 10x zahlen würde, wenn ein fiktiver Blitzeinschlag irgendwo draußen auf dem Meer die Elektronik ausser Gefecht gesetzt hat, inklusive der batteriebetriebenen Handgeräte, die bei den Spannungen nämlich im Umkreis von ein paar Metern gleich mit zerstört werden können, und ich dann mit einem jahrhundertealten Mittel weiter navigieren könnte. Ich finde es faszinierend, dass schon Kolumbus übrigens in ca. 30 Tagen über den Atlantik gesegelt ist mit diesen Mitteln. Ok, wir haben 1 GPS-Maus, 1 Epirb (zur Erklärung: automatischer Notruf per Satellit für die Nichtsegler) mit GPS, ein Garmin 60 CSx, ein iPhone mit den hervorragenden Navionics-Karten für Mittelmeer, Karibik, Nordamerika und Kanada, ein Horizon Kartenplotter am Steuerstand und einen Raymarine-Plotter am Navitisch, und ein Handsprechfunkgerät mit DSC und GPS an Bord, also 7 Geräte, in der Hoffnung, dass die USA ihre Satelliten schön weiter betreiben. Aber es ist etwas anderes, die Navigation nach Sonne Mond und Sternen. Ja, zur See fahren hat auch mit Mystik zu tun. Es ist aber auch meine Neugier, trotz all der statements "moderner" Skipper diese alte Technik weiter zu lernen, zu üben (zu überprüfen mit GPS-Infos) und diese Tradition vielleicht auch weiterzugeben. Wenn ich hier in den tief verschneiten Bergen einen Horizont hätte (den man zum ermitteln des Winkels zwischen Sonne und Horizont benötigt), würde ich schon stundenlang mit Monika zusammen lernen...

Also widmen wir unsere nächste Arbeit am Kamin bei Tiefschnee dem Schleppanker Jordan Drogue.

Die 150 "Brems-Fallschirme" sind nämlich aus Australien eingetroffen, ohne Leine wegen Porto und Zoll. Dank guter Anleitung ist es kein Problem, den Rest selber zusammen zu bauen, und übrigens spart das ca. 1200 Euro, von denen man allerdings noch die folgenden Schleppleinen für die Lagoon 380 dazu kaufen muss:
  • 38 Meter à 13mm mit 75 Bremsschirmen
  • 30 Meter à 19mm mit 60 Bremsschirmen
  • 31 Meter à 22mm mit 12 Bremsschirmen
    Es ist eher eine Frage der Motivation, dieses für mich unverzichtbare und vielleicht wichtigste Utensil für Sturm- und Schwerwettersegeln in vielleicht 2 Tagen zusammen zu basteln. Die "Häkelarbeit" hat sogar etwas entspannendes, mit dem speziellen Haken die Bändchen durch die Schleppleine zu fädeln.
    Die einzige Lagoon 380, die in den letzen 10 Jahren auf See bekanntermaßen aufgegeben werden musste, weil sie sich wegen zu hoher Geschwindigkeit in den Wellen nach vorne überschlug, hatte jedenfalls keinen Drogue an Bord und konnte die 20-25 Knoten Geschwindigkeit nicht abbremsen beim Ablaufen vor dem Wind, obwohl das Groß schon geborgen und die Fock auf ein Drittel gerefft war.
Mehr dazu hier .....

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Freiheit

Nimmt man sein Schicksal in die Hand, ist man frei.
Man hat aber plötzlich auch die alleinige Verantwortung für sich selbst. Genau das ist das Schöne, zugleich Schwierige, vor allem aber Ehrliche am Langfahrtsegeln: Es lehrt einen, Angefangenes zu beenden. Die Mitte des Ozeans lässt keine Wahl - wie die Mitte des Lebens auch nicht.... Angefangenes erst beenden vor dem Aufbruch zu neuen Ufern.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Wintergedanken

 Es gibt Tage, an denen uns Naturgewalten dazu zwingen, mehr über das Grundsätzliche nachzudenken. So blieb mir in den letzten Tagen mit Unmengen Schnee zu Hause gar nichts anderes übrig, als mich zu fragen, warum ich eigentlich gerade jetzt im produktivsten Alter in der Lebensmitte entschleunigen möchte, aussteigen, wo andere gerade richtig Gas geben im Geschäftsleben, um sich so zu verwirklichen.
Zugegeben, es passiert selten "von allein", meist hilft das Schicksal etwas nach. Im alten Berufsleben konnte ich nicht mehr weiter machen. Gesundheitliche Einschnitte zwangen mich zu Entscheidungen. Aber den Schritt, "es zu tun", ins Ungewisse, in eine neue Welt aufzubrechen, konnte mir niemand abnehmen, jeder muss ihn allein wagen, mit der Angst vor Ent-Täuschungen fertig werden und mit der Frage: Warum mach ICH das eigentlich, was erwarte ich von diesem Neuanfang.

Manche erfüllen sich im Rentenalter, finanziell gut versorgt, noch mal einen Lebenstraum, bevor es "das alles gewesen sein soll". Dafür sind wir noch zu jung. Unsere 3 Kinder sind zwar fast "flügge", die schöne Zeit des "Brutgeschäftes" haben wir gut bewältigt, haben 23 Jahre harte Berufstätigkeit mit ein paar Schrammen hinter uns, wenn also jetzt nicht, wann dann.... sie brauchen uns aber noch, für ihre Ausbildung. Und wir haben auch die Verantwortung, an die Zeit nach unserem Ausstieg zu denken, vielleicht an eine Rückkehr, an die Altersvorsorge. Es gibt tausend Gründe für Vernunft, ES nicht zu tun. Warum aufs Meer, warum nicht was Ungefährlicheres, gemäß der Weisheit unserer Vorfahren: manchmal sollte man sich mehr mit dem zufrieden geben, was man erlebt hat, als mit dem, was man erleben könnte. Und das erst recht, wenn doch das Schicksal einem nicht gerade 6 Richtige im Lotto geschenkt, sondern erst mal den Arbeitsplatz genommen hat.
Ich kann es nicht beschreiben, was es für eine Faszination ist. Es ist nicht die pure Abenteuerlust, die hinaus treibt, dafür habe ich zu viele Abenteuer erlebt. Es ist etwas archaisches, ein Sich-Hingezogen-Fühlen zum Meer,
"denn ursprünglich entstammen wir alle dem Meer - und es ist eine Tatsache, dass der Salzgehalt des Blutes, welches durch unsere Adern fliesst, exakt dem des Meeres entspricht. Dieses Salz in unserem Blut, in unserem Schweiss, in unseren Tränen - so sind wir seit jeher dem Meer verbunden, und wenn wir zu ihm zurückkehren, sei es, um es mit unseren Schiffen zu befahren, oder uns einfach nur von seiner unendlichen Weite faszinieren zu lassen, so kehren wir zu unserem Ursprung zurück." (John Fizgerald Kennedy)
Das Meer hat mich in meiner Kindheit- und Jugendzeit schon fasziniert, meine Eltern haben das schon in mich gepflanzt. Und kaum waren unsere eigenen Kinder auf der Welt, wollten wir die Begeisterung auch ihnen mit-teilen.
Das war unser erster Traum vom Segeln. Auf den holländischen Meeren und Binnenmeeren. Ein Warship 720, komplett aus Holz.
Die Liebe zum Wasser haben die Kinder intensiv erlebt mit uns, und sie nehmen das mit in ihr Leben. Unsere mittlere Tochter reist und arbeitet gerade ein halbes Jahr in Neuseeland am Meer - steht auf ihren eigenen Beinen wie hier zu lesen ist.
Jetzt kommt die Zeit der Vorbereitung auf unsere Zukunft zu Zweit.  Wir lassen uns allerdings noch bedrücken von den täglichen Nachrichten über Wirtschaftkrisen, Korruption etc. etc. Ich bemerke, dass unsere Freunde, Kunden, Gäste immer hektischer werden. Es ist für nichts mehr Zeit, schon gar nicht, sich auf Mitmenschen einzustellen, einfach mal zuzuhören. Auch das ist ein Grund, warum mich die Atlantiküberquerung fasziniert, Wochen mit uns allein, schauen, was drinnen übrig bleibt von der Außenwelt, dem Anspruchsdenken, dem gewohnten Komfort. Das Segeln führt zum Ursprung zurück, zu einem Tempo vom Wind allein bestimmt, so langsam, dass man endlich mal Zeit hat, auch über die Vergangenheit nachzudenken. Ich versuche diese Ruhe schon jetzt vor der Reise in Form von Gelassenheit im Alltag zu leben, im Gedränge auf den Straßen, den Supermärkten. Dabei höre ich öfter, ja ich hätte ja jetzt auch Zeit dafür, wo ich nicht mehr regelmäßig zur Arbeit gehe. Es ist humorvoll gemeint, und doch merke ich, wie viele eigentlich ruhiger treten möchten, nicht so, dass man ihnen im Gehen die Schuhe besohlen kann, aber einfach bewusster, intensiver. Nur wenige schaffen es, sich auch Zeit zu nehmen, einen Traum zu realisieren, statt ihn als Alibi vor sich her schieben: wenn ich erst mal pensioniert bin, wenn erst mal der neue Chef da ist,  wenn das Haus, das Auto abbezahlt ist, dann,  ja dann lebe ich, dann gönn ich mir auch mal Freiheit. Aber zum Glück dauert das ja noch..... sonst müsste man ja morgen schon damit beginnen.  Ich bin selber auch irgendwie froh, dass ich noch nicht im kommenden Frühjahr die Leinen loswerfen muss. Oft habe ich zwar diese ungeheure Unruhe, es gern bald zu tun, aber ich habe noch Aufgaben abzuschließen, und Vorbereitungen zu treffen. Wenn man so lange an den Träumen bastelt, werden sie manchmal schon merkwürdig real, ja fast normal. Das ist ja auch gut, denn die Gewohnheit gibt Sicherheit, hilft Angst zu überwinden. Ich nehme mir die Zeit, noch darüber nachzudenken, ob ich die Freiheit wirklich auf unserem hochtechnisierten Schiff finden werde, oder ob ich sie eigentlich mit Kajak und Zelt viel ursprünglicher und einfacher finden könnte. Tagelang denkt man über Energiebilanzen nach, Solar, Windenergie, Beleuchtung, Funk, email an Bord, Kühlschrank, Wassermacher usw. Und das, um am Ende an den schönsten Orten der Welt diese Dinge dauernd reparieren zu müssen. Bin ich dem gewachsen? Habe ich Lust, mich wieder darin zu verlieren, wie welche Probleme gelöst werden müssen, Hauptsache, es sind nicht meine persönlichen, eigenen. Wir sind doch alle wahre Verdrängungskünstler.  Also, es sind noch Fragen offen. Wie gut, dass es die nächsten Tage noch bitterkalt bleiben soll und heute Nacht noch mal 20 cm schneien. Dann komme ich noch weiter zum Nachdenken. Und Ihr vielleicht auch. Schreibt einfach dazu. Es ist ja manchmal wohltuend, dass in einem gewissen Alter wir alle an den gleichen Dingen herumkrebsen: vorwärts, rückwärts, seitwärts. Wir wollen frei sein, frei leben, Normen und Vorgaben selber bestimmen zwischen Geburt und Tod, an denen wir nichts ändern können. Zwischen diesen beiden Ereignissen gibt es nur das eine Leben, das wir so oder so leben können, fühlen oder nicht fühlen, hart oder sensibel, agressiv oder entspannt, lieblos cool, oder liebevoll verletzbar...
Welcher Ort könnte schöner sein, all dies zusammen mit dem liebsten Menschen gemeinsam zu spüren, sich der Dimensionen des Lebens bewusst zu werden, als auf einem Boot mitten auf dem Atlantik, wissend, dass es nicht nur Tage, sondern Wochen dauern wird, neues Land zu erreichen, unter sich tausende Meter Wasser, in dessen Tiefe die größten Lebewesen unseres Planeten leben.

Freitag, 3. Dezember 2010

Das kann nicht wahr sein

Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, hält die Rente mit 67 lediglich für einen Zwischenschritt. „Um die Beiträge senken zu können und die gegenwärtige Rentenhöhe zu garantieren, müssen wir über die Rente mit 69 nachdenken“, sagte der CDU-Politiker heute...
 

Also es ist Zeit, die Leinen loszuwerfen. Auf jeden Fall nicht warten, bis wir Rentner sind.  
Die Trendwende ist bereits im vollen Gange: Wer vor dem Start der ARC 2010 (am 21. November startete die größte Flotte privater Atlantiküberquerer in der 25 jährigen Geschichte dieser Rally in Las Palmas auf Gran Canaria mit Ziel Karibik, Rodney Bay auf St. Lucia, einer der schoensten Inseln der Kleinen Antillen) die Marina besucht, ist vor allem von der Anzahl der Kinder überrascht, die an den Stegen herumwuseln... Von den 40 ARC-Kindern stammen 23 aus Norwegen und Schweden. In Skandinavien scheinen die Doppelverdiener auf große Fahrt zu gehen, die nicht bis zum Ruhestand warten wollen, in Deutschland ist es wohl eher die Erbengeneration in reiferem Alter. Die Zeiten der Aussteiger in jungen oder mittleren Jahren wie Kammler, Erdmann oder Pieske, die selbst ein Boot bauten und mit bescheidenen Mitteln jahrelang um die Welt schipperten, scheinen, bis auf wenige Ausnahmen, vorbei zu sein. Die modernen Drop-Outs hängen ihren Beruf an den Nagel, kaufen sich ein Boot und fahren Kojencharter in der Karibik; das Geschäft betreiben sie mit Bord-E-Mail und Satellitentelefon, die moderne Technik macht’s möglich.  weiterlesen...

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Ablaufen vor den Wellen

 
Dieses kurze Video zeigt auf beeindruckende Weise, wie ein Katamaran sich beim Ablaufen vor Wind und Welle bzw. ins Wellental verhält.

Es ist unverkennbar, wie wichtig es ist, ein Querschlagen zu verhindern. Wenn diese Welle von der Seite gekommen wäre, hätte der Katamaran sich vermutlich überschlagen.

Einmal mehr ein Grund für einen zuverlässigen Treibanker wie z.B. einen Jordan Drogue, der mittig zwischen den beiden Rümpfen am Heck ausgeworfen dafür sorgt, dass die Welle genau von achtern kommt und beide Rümpfe gleichzeitig anhebt.

Treibanker - oder: Fliegen und Segeln haben eins gemeinsam: gefährlich wird es erst bei Landberührung

Zum vorherigen Thema "Anker" gehört auch das "Bremsen" ohne Untergrund, also das Hinterherziehen von Leinen, Gewichten, Fallschirmen, wenn der Wind so stark auffrischt, dass ein Gegenansegeln nicht mehr möglich ist. Bei Sturm bleibt nur das Ablaufen vor dem Wind mit kleinster Fock oder gar ohne Segel. Selbst die Windangriffsfläche vom Katamaran allein ohne Segel ist dann schon so groß, dass er in den Wellentälern zu schnell beschleunigt und mit dem Bug nicht schnell genug wieder aus der Welle im Tal auftaucht. Wenn dann noch die zum Sonnenbaden sehr angenehme Mesh-Netze vorne als Trampolin verwendet werden, kann das Wasser nicht schnell genug durch die kleinen Löcher ablaufen.
Auf Langfahrt hat der Katamaran darüberhinaus vorne meist noch 2 Tanks voller Wasser (bei unserem sind es 630 Liter + 240 Liter Diesel) die ihn schwerfällig machen. Ein Einrumpfschiff ist vom Grunde her viel schwerer durch den Bleiballast im Kiel, deshalb nicht so gewichtsempfindlich, beschleunigt auch nicht so schnell in den Wellenbergen beim Ablaufen vor dem Wind.

Nach gründlichem Studium insbesondere des ausgezeichneten Buches Schwerwettersegeln von Adlard Coles und Peter Bruce mit einem Sonderteil für Abwettern mit Mehrrumpfbooten habe ich mich für den Jordan Drogue Treibanker entschieden, der nach ausführlichen Testreihen und Empfehlung der Amerikanischen Küstenwache nun auch von wenigen Herstellern fertig angeboten wird. Ich habe gestern 150 Fallschirme ohne Leinen in Australien bestellt bei dem sehr kompetenten und hiflsbereiten Bryan Glover http://seriesdrogue.com  und werde diese mit meiner Frau in den Wintermonaten an einer 104 m Schleppleine selbst befestigen. (150 cones x 500mm = 75 metres + extra rope between splice and first/last cones + 25 metre leader = 104 metres approx).

Nun gibt es natürlich Einwände, warum ca. 400 € ausgeben für etwas, das man vermutlich kaum braucht (Gott sei dank, wenn man ohne Stürme mit 9 bft. oder mehr über die Meere kommt), man könne auch einfach alle Festmacherleinen an Bord zusammenknoten und als U hinterherziehen, zusätzlich mit Ersatzankern etc. beschweren. Das ist jedoch nicht so wirkungsvoll, wie die vielen kleinen Bremsfallschirme. Grundsätzlich muss die Bremswirkung nämlich auch dann gegeben sein, wenn die Sturm-Wellen im Abstand von mehr als hundert Metern von hinten "schieben". Die Bremswirkung darf also auf keinen Fall nachlassen oder sogar eine Beschleunigung eintreten, wenn ein Wellenberg den Ballast an einer zu kurzen Schleppleine gerade dann "schiebt", wenn das Boot den nächsten Berg herunter rauscht. Eine konstante Bremswirkung über 2 Wellenberge hinweg ist nach umfangreichen Tests für einen Katamaran unserer Bauart und 8000 kg Verdrängung mit 180 m Leine und 150 Fallschirmen erprobt. Gerade wegen der Leichtigkeit von Katamaranen und dem damit verbundenen Beschleunigungsvermögen ist dieses Thema bei Multihulls ernst zu nehmen....
Einen interessanten Artikel dazu gibt es in der Zeitschrift TransOcean hier..
Wer mehr über die Tests der Coast Guard nachlesen will, findet dazu Infos hier

Anker

Es ist vielleicht paradox, zu Anfang die Technik des Ankerns zu erörtern. Eigentlich wollen wir doch vorankommen, segeln. Was aber, wenn es keine Bremse gibt im Schiff...  Und letztlich hängt unser ganzes Glück vom Halt des Ankers ab. Ich habe nicht vor, hier eine Disskussion über die Vorteile der verschiedenen Ankertypen loszutreten, weil jeder seine Vor-und Nachteile hat. Darüber haben gut verdienenede Autoren ganze Bücher geschrieben. Vielmehr möchte ich kurz begründen, warum ich mich für einen Allrounder, den Bügelanker entschieden habe, aufmerksam geworden durch Empfehlungen von W. Erdmann, B. Schenk und selber als sehr zuverlässig erlebt in Kroatiens vielfältigen Untergründen (Seegras, Felsgrund, Sand, Kies).

Egal, wie der Anker auf dem Grund landet, er dreht sich durch einen aufgeschweißten Bügel mit der "Flunke", dem Halt gebenden Metallteil, nach unten und gräbt sich selbst in schwierige Untergründe ein. Dabei ist wichtig, dass er sich am Ende der Kette frei drehen kann. Das ist nur mit dem sogenannten Powerball möglich (rechts in der Abbildung). Übrigens spielt der Winkel der Flunke sowie Bügelgröße eine maßgebliche Rolle (im wahrsten Sinne des Wortes), was das Abrollverhalten betrifft. Deshalb kann ich nur ausdrücklich davor warnen, billige China-Importe zu kaufen, die wegen der Patentgesetze eine nicht akzptable Abweichung haben, und nur für den Laien wie die teuren Originale aussehen. Der WASI Bügelanker wird übrigens auch in Edelstahl angeboten. Ihn möchte ich mit einer 80 m langen 10mm Edelstahlkette an Bord nicht mehr missen.

Für die Lagoon 380 mussten übrigens die Kunststoff-Führungsbacken für den Schaft etwas abgeflext werden, ansonsten war kein Umbau der Fixierung nötig.