Samstag, 11. Februar 2012

Der perfekte Wind

Da ich die Richtung nicht ändern kann, aus welcher der Wind weht, sondern nur die Segel danach richten kann, mache ich mir Gedanken, welcher Kurs insbesondere hoch am Wind optimal ist.

Immer wieder wird erzählt, Katamarane würden "gegen den Wind" schlecht segeln. Es sei besser, vom Kurs/Ziel abzufallen und dafür den "Umweg" mit höherer Geschwindigkeit wieder wett zu machen.
Auf der Suche nach konkreten Infos bin ich bei Lagoon Insidern auf interessante Berechnungen gestoßen. Zum einen haben S. Lescaudron und M. Kermarek
ein Polar Diagram für Katamaran Lagoon 380 unter realen Bedingungen erstellt:
Beispiel rotes Kreuz X in der Grafik: bei fast halbem Wind von 80° sowie 10 Knoten Windgeschwindigkeit erreicht das Boot eine Geschwindigkeit von 6 Knoten.
Das Polar-Diagramm zeigt die Boots-Geschwindigkeit unter dem Einfluss verschiedener Einfallswinkel des wahren Windes (hier von 50°-160°) und verschiedener Windstärke (TWS hier von 8 Knoten bis 25 °).
Da dieses Diagramm unter realistischen Bedingungen erstellt wurde, also bei 20 - 24 Knoten Wind das 1. Reff ins Großsegel , dann bei 24 - 26 Knoten zusätzlich die Genua um 30% verkleinert, ergibt sich die deutlich sichtbare Beschleunigung zwischen 110° und 120° Windeinfallsrichtung aus der Wirkung der Genua, die mit 70% Größe bis 26 kn Wind stehen gelassen wurde. Darüber hinaus weitere Werte zu erstellen machte keinen Sinn, weil Welle, und Abdrift  zu sehr beeinflusst hätten.

Welche Konsequenzen ergeben sich für uns aus dem Diagramm?
Mir fällt auf, dass eine Zunahme der Windgeschwindigkeit von 20 auf 25 knoten hoch am Wind ( bis 70°) kaum Unterschied macht in der Bootsgeschwindigkeit , umso mehr aber bei raumen Winden ab 100°. Interessant ist der Aspekt, dass raumschots ab 120° bis 160° die Geschwindigkeit deutlich abnimmt, je achterlicher der Wind einfällt.  Das erklärt sich aus dem stark abnehmenden Vortrieb der Genua, die zunehmend in den Windschatten des Großsegels gerät. Es lohnt sich also, wie es die Gewinner der ARC-Rally (Lagoon 560 Blue Ocean) auch getan haben, gelegentlich vor dem Wind zu kreuzen. Ferner wird sich ein leichtes Abfallen auf 50-60 Grad vom Wahren Wind lohnen. (Das sieht auf dem Windinstrumemt an Bord nach etwa 30° aus, weil der scheinbare Wind wegen der zunehmenden Geschwindigkeit mehr von vorne kommt)



Um zu berechnen, mit welchem Winkel zum Wind ich mich möglichst effizient einem Ziel voraus nähere, ziehe ich die Formel der "Racer" hinzu,  die den optimalen Vortrieb oder genauer die effizienteste Annäherung oder Vortrieb  (auf engl. Velocity Made Good = VMG) wie folgt berechnet:

VMG(Vortrieb) = Bootsgeschwindigkeit multipliziert mit dem Cosinus des Winkels zwischen dem wahren Wind (True wind) und dem Winkel des Bootes zum wahren Wind (Angle to wind, Alpha)



Betrachten wir in der Grafik unten 3 Beispiele: der wahre Wind kommt hier immer von "oben", aus 0°. Dort will ich hin, kann aber natürlich nicht genau gegen den Wind segeln, sondern nur in einem gewissen Winkel hoch am Wind, hier in den drei Beispielen 40°,  50° und 60°

linkes Beispiel: wenn ich im Winkel von 40 Grad zum wahren Wind fahre, ergibt die Berechnung mit der Formel
VMG: 4 x cos (40) = 3,06 Knoten.   (auf dem Taschenrechner 4* 40 cos = ...)

Wenn man im mittleren Beispiel mit einen Winkel von 50° zum Wind und einer daraus in der Praxis resultierenden höheren Boots-Geschwindigkeit von 5,2 Knoten rechnet, ergibt sich ein VMG von 3,34 Knoten, also obwohl ich von der Zielrichtung weiter abfalle, nähere ich mich ihr insgesamt schneller. Für einen Winkel von 60° jedoch ist der VMG wieder ungünstiger.   



 
Quelle: Lagoon

Diese Berechnungen sind natürlich nur ein Anhaltspunkt, in der Realität müssen noch Abdrift etc. mit kalkuliert werden. Es wird dann auch nicht mit der "Tachogeschwindigkeit" gerechnet, sondern mit SOG, also Geschwindigkeit über Grund und COG (Kurs über Grund).

FAZIT: Um ein Ziel hoch am Wind zu erreichen, empfiehlt sich laut Polar-Diagramm auf 70-80 Grad vom wahren Wind abzufallen und mit der daraus resultierenden Geschwindigkeit den VMG genauer anzupassen. Der optimale Winkel wird dann mit Ausgleich der Abdrift bei etwas unter 50 Grad zum wahren Wind liegen.





Laut YACHT sehen die Testergebnisse für die Lagoon 380 übrigens so aus:

Auch hier rechts zeigt sich, dass die nicht so guten Segel-Eigenschaften vor dem Wind für ein gutes Downwindsegel sprechen,  z.B. einen Parasailor.
Ohne die "Düsenwirkung" zwischen Fock und Groß sowie dem "Tragflächen-Auftrieb" an der Segel-Aussenseite fehlt dem Segelvergnügen doch einiger Antrieb.

Wo ist Freiheit, inneres Glück ?

Weit weg von Hohheitsgebieten, Zoll, Verbrauchssteuer, Rente, Altersversorgung, ausserhalb der 12-Meilen-Zone im "Niemandsland", Neverland (nach dem übrigens sehr schönen gleichnamigen Film)? 
Vielleicht draußen auf dem ATLANTIK, nach einigen Tagen Runterkommen und Gewöhnung an Wind und Welle und Tag-Nacht-Wache, wenn man endlich aufhört, über Sinn und Unsinn der vielen Regeln und Gesetze nachzudenken?
Wenn man aufhört, die sinnlosen Fragen nach dem Sinn zu stellen?

Die Antwort hat Sergio Bambaren in seinen wunderbaren Geschichten über den träumenden Delphin Daniel und Deborah gewidmet "die mich lehrten, dass Freiheit nur eine Frage der inneren Einstellung ist. Freiheit heißt nicht nur, dass man vermeidet, so zu leben, wie man nie leben wollte, und dass man, solange man lebt, immer und ewig nach Antworten sucht. Freiheit bedeutet auch, dass man sich selbst die Chance gibt, zumindest eine Zeit lang etwas Schönes und Neues zu erleben, ohne von einem Ort zum anderen wandern zu müssen... Man muss Geist und Herz vollständig den Situationen öffnen, die das Leben einem bietet, und man muss seine Entscheidungen treffen, indem man nur auf sein Herz hört: So einfach ist das. Man lebt nur einmal.

Die Erfahrungen zu machen, die das Leben uns bietet, ist unausweichlich. Ob man sie genießt oder erleidet, ist jedermanns eigene Wahl. Und diese Entscheidung ist die Grundlage - nicht die Folge - für ein glückliches oder unglückliches Leben.
Danke Tine

Zoll und Mehrwertsteuer in der EU , im Transit und bei Rückkehr in die EU

Ist die Freiheit auf dem Wasser so "grenzenlos" wie es Reinhard May über den Wolken besingt?

Viel Zeit habe ich gebraucht, um den richtigen Weg zu finden, auf dem wir unser Schiff aus Kroatien heraus in sein Bestimmungsland segeln werden. Damit meine ich nicht die Navigation auf dem Weg durch das Mittelmeer, die Karibik nach Kanada, sondern die vielen rechtlichen Besonderheiten in Abbhängigkeit von der Flagge, unter der das Schiff fährt. Ich möchte niemanden langweilen, aber Zoll, Export und Steuer- Bestimmungen können einen an den Rand der Verzweiflung bringen, auch wenn nur von einem Nicht-EU-Land in ein anderes Nicht-EU-Land jedoch durch EU-Gewässer überführt wird (Transit). Aber so einfach ist das natürlich nicht, und man ist gut beraten, sich mal damit zu befassen. Es gibt sonst böses Erwachen z.B. nach 3 Jahren Weltumsegelung beim Wieder-Einlaufen in EU-Gemeinschaftsgebiet, wenn beim Kauf des Schiffes zwar schon einmal MwSt bezahlt wurde,  nach 3 Jahren Weltumsegelung und Rückkehr in EU-Gewässer aber erneut zum 2. Mal MwSt fällig wird!

Was zählt genau zur EU,  auch bezüglich der französischen, englischen, niederländischen Kolonien?.  Es gehört nicht jedes EU-Land automatisch zum Zollgebiet der Gemeinschaft, sondern gilt evtl. trotz EU-Mitgliedschaft verbrauchssteuer-rechtlich (Mwst) als Drittlandsgebiet, also MwSt-befreit. Des weiteren gibt es 
EU-Gebiete, die zollrechtlich nicht zum Zollgebiet der EU Gemeinschaft gehören, sondern als Drittlandsgebiet gelten:
Dänemark:   Färöer-Inseln nördlich von Schottland und Grönland
Frankreich: die französischen Gebietskörperschaften Saint Pierre et Miquelon vor Neufundland und  die Insel Mayotte im Indischen Ozean sowie die überseeischen Gebiete Französisch Polynesien und Neukaledonien, beide im Pazifischen Ozean, sowie die französischen Süd- und Antarktisgebiete
Italien: die Gemeinden Livigno und Campione d'Italia an der Grenze zur Schweiz, Teil des Luganer Sees zwischen Ponte Tresa und Porto Ceresio sowie Vatikanstadt/Heiliger Stuhl (souveräner Staat)
Niederlande:  die außereuropäischen Hoheitsgebiete der Niederlande in der Karibik Aruba sowie die Niederländischen Antillen, Bonaire,  Curacao, Sint-Maarten, Daba, Sint Eustatius
Spanien: die an der nordafrikanischen Mittelmeerküste gelegenen Gebiete von Ceuta und Melilla
Vereinigtes Königreich:  Gibraltar

Und dann gibt es noch territoriale Besonderheiten bezüglich der Mehrwertsteuer Pflicht:
Nach Abschnitt 1.10 Umsatzsteuer-Anwerndungserlass (UStAE) umfasst das sogenannte Drittlandsgebiet die Gebiete, die nicht zum Gemeinschaftsgebiet gehören, u.a. Andorra, Gibraltar und der Vatikan. Als Drittlandsgebiet werden auch die Teile der Insel Zypern behandelt, in denen die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt.

Bei Warenlieferungen in diese Gebiete sind sowohl die umsatzsteuerlichen als auch die zollrechtlichen Zuordnungen und gegebenenfalls spezielle Nachweispflichten zu beachten.

Wird beispielsweise eine Ware nach Martinique (umsatzsteuerlich Drittlandgebiet von Frankreich) geliefert, ist diese Warenlieferung nach § 6 UStG eine Ausfuhrlieferung und nach § 4 Nr. 1 UStG steuerbefreit. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der Unternehmer die Beförderung oder Versendung der Lieferung durch Belege (Ausfuhrnachweis) nachweist.

Aus der folgenden Tabelle ergibt sich, dass zum Beispiel die Kanarischen Inseln Drittlandsgebiet sind, nicht der Umsatzsteuer oder MwSt-Pflicht unterliegen, obwohl sie zollrechtlich zum EU Gemeinschaftsgebiet gehören. Wenn also manch ein Segler so lapidar sagt, ab den Kanaren (auf dem Weg in die Karibik) sei alles anders, dann gilt das genau genommen für die MwSt-Pflicht, nicht aber für Einfuhr-Zoll.
Quelle: Handelskammer Hamburg

Ja, ich muss noch dazu schreiben, dass alle Angaben ohne Gewähr sind (wenngleich gründlich recherchiert).  Wundert sich noch jemand, warum so viele Schiffe in der EU unter amerikanischer Flagge fahren?