... warum ich so viel über Technik, Technik etc... schreibe in letzter Zeit, werde ich gefragt, wo es doch "bald los geht". Wie es uns denn geht..? Ich gebe zu, dass ich mich ein wenig verstecke, denn es ist leichter, Technik zu testen, als Persönliches zu schreiben. Da es nun gemeinsam noch mal für eine Woche nach Kroatien geht, um dem Unterwasserschiff einen schönen Kupferanstrich (Coppercoat) zu verpassen, werde ich kaum zum Schreiben kommen. Denn es geht Schlag auf Schlag.
Wir haben die VISAS für die Einwanderung nach Kanada bekommen. Das bedeutet, dass wir nicht ins Ungewisse aufbrechen, sondern sozusagen "nach Hause" segeln. Wir werden nicht als Touries auf der anderen Seite des Atlantiks ankommen, sondern als Kanadier. Das klingt verrückt. Ist es auch. Es bedeutet, dass wir vorher zum Monatsende für eine Woche nach Kanada fliegen, einreisen. Und davor noch Hochzeit feiern auf der Green Duck in Wissmar und Abitur von unserer Jüngsten. Die Welt dreht sich gerade etwas schneller.... Ich komme kaum noch mit, und deshalb nicht zum Schreiben. Dabei gibt es Einiges, das mich sehr bewegt. Z.B. die Tatsache, dass ich mit zwei Gesichtern meine Vergangenheit betrachte. Ich bin dankbar, dass jetzt alles so kommt, wenngleich zu früh - wie immer, wenn etwas wahr wird, das man lange geträumt hat. Ich bin froh, dass es nun los geht, wo die ganze Kulturwelt in Deutschland den Bach runter geht - die Welt, für die ich bislang gelebt und hart gearbeitet hatte. Ein Orchester nach dem anderen stirbt ab, heute steht in der Zeitung hier..... dass selbst die großen Häuser Bonn, Köln, Düsseldorf, Duisburg, alles was Rang und Namen hat - mit dem Rücken zur Wand stehen. Und mein Orchester kämpft ums Überleben. Ich könnte mit dem Gefühl nicht mehr leben, dass Kultur in NRW nicht mehr gewünscht ist. Jedenfalls klassische Musik, Oper und Theater. Ich bin tief traurig darüber, dass z.B. eine Petition der Remscheider Orchesterfreunde nötig ist, um den Politikern zu zeigen, dass es doch eine Gegenbewegung gibt. Tragt euch hier ..... ein, wenn ihr mithelfen wollt. Und doch ist es ein Gefühl von Ohnmacht gegenüber dem politischen Willen der Staatsmacht, das ich nicht mehr aushalte, mich deshalb auf den Weg mache. Ich bin gespannt, was in das Vakuum hinein strömt, das entsteht, wenn Kultur auf der Strecke bleibt. Den Blick nach vorne gerichtet schaffe ich es, mich davon nicht herunter ziehen zu lassen. Ich bin sehr sehr dankbar, dass es für uns einen Silberstreif am Horizont gibt, den wir mit vielen Menschen teilen können. LICHT und Sonne statt dunkler Orchestergräben und verstaubter Requisiten. Nein, wir sind nicht einfach weg. Wir werden zwischen den Welten leben und nie kann ich meine Herkunft vergessen oder verleugnen. Und die Musik, für die ich gelebt hatte, nehme ich mit im Herzen, wie manches andere auch. Es sind Abschiede, insbesondere von Menschen, worüber ich (noch nicht) schreiben kann. Wir haben auch beschlossen, keine Leinen - Los - Party zu veranstalten. Wer uns sehen will, kann uns an Bord erleben, unsere Freude, unsere leuchtenden Augen. Das ist besser, als jetzt die Ringe unter den Augen bei einem letzten Blick nach hinten. Also auf zu neuen Ufern. Keine Angst.
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