Mittwoch, 1. Dezember 2010

Ablaufen vor den Wellen

 
Dieses kurze Video zeigt auf beeindruckende Weise, wie ein Katamaran sich beim Ablaufen vor Wind und Welle bzw. ins Wellental verhält.

Es ist unverkennbar, wie wichtig es ist, ein Querschlagen zu verhindern. Wenn diese Welle von der Seite gekommen wäre, hätte der Katamaran sich vermutlich überschlagen.

Einmal mehr ein Grund für einen zuverlässigen Treibanker wie z.B. einen Jordan Drogue, der mittig zwischen den beiden Rümpfen am Heck ausgeworfen dafür sorgt, dass die Welle genau von achtern kommt und beide Rümpfe gleichzeitig anhebt.

Treibanker - oder: Fliegen und Segeln haben eins gemeinsam: gefährlich wird es erst bei Landberührung

Zum vorherigen Thema "Anker" gehört auch das "Bremsen" ohne Untergrund, also das Hinterherziehen von Leinen, Gewichten, Fallschirmen, wenn der Wind so stark auffrischt, dass ein Gegenansegeln nicht mehr möglich ist. Bei Sturm bleibt nur das Ablaufen vor dem Wind mit kleinster Fock oder gar ohne Segel. Selbst die Windangriffsfläche vom Katamaran allein ohne Segel ist dann schon so groß, dass er in den Wellentälern zu schnell beschleunigt und mit dem Bug nicht schnell genug wieder aus der Welle im Tal auftaucht. Wenn dann noch die zum Sonnenbaden sehr angenehme Mesh-Netze vorne als Trampolin verwendet werden, kann das Wasser nicht schnell genug durch die kleinen Löcher ablaufen.
Auf Langfahrt hat der Katamaran darüberhinaus vorne meist noch 2 Tanks voller Wasser (bei unserem sind es 630 Liter + 240 Liter Diesel) die ihn schwerfällig machen. Ein Einrumpfschiff ist vom Grunde her viel schwerer durch den Bleiballast im Kiel, deshalb nicht so gewichtsempfindlich, beschleunigt auch nicht so schnell in den Wellenbergen beim Ablaufen vor dem Wind.

Nach gründlichem Studium insbesondere des ausgezeichneten Buches Schwerwettersegeln von Adlard Coles und Peter Bruce mit einem Sonderteil für Abwettern mit Mehrrumpfbooten habe ich mich für den Jordan Drogue Treibanker entschieden, der nach ausführlichen Testreihen und Empfehlung der Amerikanischen Küstenwache nun auch von wenigen Herstellern fertig angeboten wird. Ich habe gestern 150 Fallschirme ohne Leinen in Australien bestellt bei dem sehr kompetenten und hiflsbereiten Bryan Glover http://seriesdrogue.com  und werde diese mit meiner Frau in den Wintermonaten an einer 104 m Schleppleine selbst befestigen. (150 cones x 500mm = 75 metres + extra rope between splice and first/last cones + 25 metre leader = 104 metres approx).

Nun gibt es natürlich Einwände, warum ca. 400 € ausgeben für etwas, das man vermutlich kaum braucht (Gott sei dank, wenn man ohne Stürme mit 9 bft. oder mehr über die Meere kommt), man könne auch einfach alle Festmacherleinen an Bord zusammenknoten und als U hinterherziehen, zusätzlich mit Ersatzankern etc. beschweren. Das ist jedoch nicht so wirkungsvoll, wie die vielen kleinen Bremsfallschirme. Grundsätzlich muss die Bremswirkung nämlich auch dann gegeben sein, wenn die Sturm-Wellen im Abstand von mehr als hundert Metern von hinten "schieben". Die Bremswirkung darf also auf keinen Fall nachlassen oder sogar eine Beschleunigung eintreten, wenn ein Wellenberg den Ballast an einer zu kurzen Schleppleine gerade dann "schiebt", wenn das Boot den nächsten Berg herunter rauscht. Eine konstante Bremswirkung über 2 Wellenberge hinweg ist nach umfangreichen Tests für einen Katamaran unserer Bauart und 8000 kg Verdrängung mit 180 m Leine und 150 Fallschirmen erprobt. Gerade wegen der Leichtigkeit von Katamaranen und dem damit verbundenen Beschleunigungsvermögen ist dieses Thema bei Multihulls ernst zu nehmen....
Einen interessanten Artikel dazu gibt es in der Zeitschrift TransOcean hier..
Wer mehr über die Tests der Coast Guard nachlesen will, findet dazu Infos hier

Anker

Es ist vielleicht paradox, zu Anfang die Technik des Ankerns zu erörtern. Eigentlich wollen wir doch vorankommen, segeln. Was aber, wenn es keine Bremse gibt im Schiff...  Und letztlich hängt unser ganzes Glück vom Halt des Ankers ab. Ich habe nicht vor, hier eine Disskussion über die Vorteile der verschiedenen Ankertypen loszutreten, weil jeder seine Vor-und Nachteile hat. Darüber haben gut verdienenede Autoren ganze Bücher geschrieben. Vielmehr möchte ich kurz begründen, warum ich mich für einen Allrounder, den Bügelanker entschieden habe, aufmerksam geworden durch Empfehlungen von W. Erdmann, B. Schenk und selber als sehr zuverlässig erlebt in Kroatiens vielfältigen Untergründen (Seegras, Felsgrund, Sand, Kies).

Egal, wie der Anker auf dem Grund landet, er dreht sich durch einen aufgeschweißten Bügel mit der "Flunke", dem Halt gebenden Metallteil, nach unten und gräbt sich selbst in schwierige Untergründe ein. Dabei ist wichtig, dass er sich am Ende der Kette frei drehen kann. Das ist nur mit dem sogenannten Powerball möglich (rechts in der Abbildung). Übrigens spielt der Winkel der Flunke sowie Bügelgröße eine maßgebliche Rolle (im wahrsten Sinne des Wortes), was das Abrollverhalten betrifft. Deshalb kann ich nur ausdrücklich davor warnen, billige China-Importe zu kaufen, die wegen der Patentgesetze eine nicht akzptable Abweichung haben, und nur für den Laien wie die teuren Originale aussehen. Der WASI Bügelanker wird übrigens auch in Edelstahl angeboten. Ihn möchte ich mit einer 80 m langen 10mm Edelstahlkette an Bord nicht mehr missen.

Für die Lagoon 380 mussten übrigens die Kunststoff-Führungsbacken für den Schaft etwas abgeflext werden, ansonsten war kein Umbau der Fixierung nötig.