Freitag, 4. Juli 2014

we are sailing...

Wir sind wieder unterwegs, etwa zur selben Zeit Anfang Juli, wie wir letztes Jahr in Nova Scotia ankamen. Die Lupinen vor dem Haus blühen wie zu unserer Ankunft, also wurde es Zeit, wieder loszusegeln so wie „früher“. Eine Menge Arbeit liegt hinter uns, mal vom Auszug aus dem Haus aufs Schiff ganz abgesehen. 
das entschädigt für alle vergangenen Wochen....
"Abschied vom Bluenose House"

Der Loon ruft zum Aufbruch

Es ist einiges zu reparieren gewesen. Aber das geht allen „Boaties“ so. Und nordamerikanische Winter hinterlassen noch mal andere Spuren, als die karibischen Sommer. Ein Warmwasserboiler - Austausch ist nicht nicht lustig (bis ich mal gefunden hatte, warum die BB- Maschine dauernd Kühlwasser verliert, weil ihr Wärmetauscher durch den Boiler läuft), dafür haben wir überhaupt keinen Schimmel gehabt. Eine festgerostete Lichtmaschine, deren Keilriemen sich dann erst mit viel WD-40 Gebrauch wieder spannen lies, ist überall möglich. Es rosten im Salzwasser ja sogar die Edelstahl-Spülen. Manchmal ist es sehr viel in einem Moment zu bewältigen und dann kommen leise Zweifel, ob und wo man reduzieren kann und möchte. 
Nein, darüber denken wir jetzt nicht nach, es geht erst mal wieder los. Wir machen noch eine Wanderung von St. Peters aus auf dem Battery Trail und dann Leinen los!! Yeah
sehr schöner Battery Provincial Park in St. Peters direkt am "Canal" um die Ecke unseres Liegeplatzes
Das Südende der Schleuse. Links beginnt der Park

Der Preis für dieses Leben ohne täglich zur Arbeit zu gehen, niemanden zu haben, der einem sagt, was man zu tun hat, oder lobt, ist nicht Jedermanns Sache. Ich könnte mir vorstellen, noch viel einfacher zu leben, nicht zu sparen, wo man kann, sondern auf mehr Dinge zu verzichten, die ich nicht brauche für mich, für uns. Was ich nicht besitze, kostet keinen Unterhalt. Alle Materie besitze nicht ich, sondern sie besitzt mich. Unser Schiff ist aufs Wesentliche reduziert, meinen wir.. Das merkt man immer erst, wenn etwas ausfällt. Wie jetzt der Warmwasserboiler. Natürlich kann man auch mit kaltem Wasser spülen, aber…
Ein Luxus ist an Bord noch hinzu gekommen: ein „Dragonfly“ von Raymarine, ein photorealistisches Sonar, mit dem ich wirklich den Untergrund „sehen“ kann, Steine, Beschaffenheit. Und ich habe es in der Mitte des Katamarans angebracht (statt am Heck wie der Hersteller gepant hat). Somit schaut es relativ voraus. Ich habe keine Angst mehr, den Anker in dicken Felsen zu verlieren, oder muss nicht mehr den oft ungenauen Seekarten vertrauen was die Untiefen betrifft.

oben der übliche Fischfinder-Modus, unten "Downvision"
wenn plötzlich solche Fels-Spitzen auftauchen (bis 2 m reale Tiefe), ist man froh, das vorher zu wissen, noch in 3.8m Tiefe 
schön jeder einzelne Fisch in knapp 20 m Tiefe zu sehen

Neben all der Technik gibt es wieder die Momente, wo es einfach nur wunderbar ist auf dem Wasser. Morgens oder Abends in einer halben Stunde so viel Fische geangelt, dass wir mal das Räuchern auf einem kleinen Tischgrill (Cobb) ausprobiert haben. Und die schon recht großen Makrelen neuerdings filetiert, so dass 14 Filets in den Grill passen, der mit einerm untertassengroßen Kokussholzbrikett fast eine Stunde lang brennt. 


Wir haben noch nie so guten Räucherfisch gegessen - uns so einfach dass es sogar auf dem Schiff klappt

Morgens wecken uns die Lobster-Fischer, die ihre Runden fahren und alle Käfige „einsammeln“, zu kleine Lobster wieder ins Wasser werfen und die großen mitnehmen. 


Wenn hier die Sonne scheint, erwärmt sie das morgens 15 Grad kalte Schiff bis 9 Uhr um 10 Grad wärmer und gegen mittag ist es dann 30 Grad. Wir haben den ersten Sonnenbrand auf den Beinen.


Wir sind seit knapp einer Woche unterwegs und haben aufregende Herausforderungen bewältigt: zum ersten Mal den Strait Canso Lock genutzt, die große Schleuse für bis zu 222m lange Schiffe, die den Verkehr zwischen Nova Scotia und Cape Breton Island regelt. Der gesamte Autoverkehr auf dem Canso Causeway musste für unsere Passage für eine Weile gestoppt werden, so lange wie sich die große Drehbrücke um 90° bewegt, um uns in den Kanal zu lassen.
die Drehbrücke vom Strait Canso-Canal öffnet "nur" für uns, der Verkehr staut sich, aber wir haben extra bis nach dem Berufsverkehr gewartet
Wir haben uns aufgemacht, die Nordwest Seite bis Cheticamp zu erkunden, weil es kaum nautische Informationen gibt, ob man in die zum Teil winzigen Fischerhäfen hineinfahren kann. Inzwischen ist uns klar, dass das seinen Grund hat. Die Bedingungen ändern sich zu oft. Inverness z.B. ist von Sandstränden umgeben und die gewaltigen Atlantikwellen formen permanent ihre eigene Einfahrt bzw. schieben Sandwälle vor sich her. Da fehlt z.T. einfach Geld und schweres Gerät, um andauernd wieder auszubaggern. Wir haben es bei Flut vorsichtig versucht, mit Hilfe des Sonars, das jedoch noch keine zuverlässige Tiefe zeigt (weil noch nicht auf Tiefenanzeige richtig kalibiert), sondern erst mal die Bodenstruktur. Die Fischer hier sind aber immer wieder so unglaublich hilfsbereit, verlegen extra ihre Boote, damit wir komfortabel an einer richtigen Holzwand liegen, bieten uns immer wieder Fahrgelegenheiten in die Dörfer an. In Port Hood lagen wir noch am Anker fast wie in der Karibik am Spit Head beach (Südspitze). Anker fallen gelassen auf 5 m Sandgrund, einfahren, sitzt. Herrlich, auch wenn man den Anker sehen kann (was sonst bei den Tiefen hier und dem Kelp (große Unterwasserplfanzen) meist nicht möglich ist.

kurz vor Sonnenuntergang ist es so ruhig, dass ich den ersten Kopter-Flug direkt vom Schiff wage...

Es sind auch wegen der Temperaturen Karibik-Gefühle, nur das Wasser erfrischender...
Der Hafen südlich von Porthood war definitiv zu eng für uns, schon die Einfahrt kaum breiter als LIZA. Dann haben wir die Durchfahrt durch den alten vom Meer zerstörten Damm nach Port Hood Island abgesucht nach einer Lücke, die uns Einheimische beschrieben, um den Umweg westlich um die Insel zu vermeiden. Der Fischereihafen nördlich war dann auch etwas größer, Einfahrt kein Problem, aber im Hafen geschäftiges Treiben, weil es der letzte Tag der Hummersaison war, und alle noch einen Superfang einholen wollten. Wir wurden kurz „bestaunt“, haben uns dann aber auf den Weg Richtung Cheticamp gemacht, nicht ohne den berühmten Felsen mit dem Loch noch zu besuchen.




eine alte Farm am Trail von Mabou nach Inverness






Wir sind froh, dass nun das Slalom - Fahren um die ganzen Lobster-Bojen ein Ende hat. Die Lobster-Saison war awsome, great, umwerfend dieses Jahr. Man gönnt es den Leuten, sie haben hart gearbeitet. Ohne den Hummerfang wäre die Insel nicht vorstellbar. Alles ist davon geprägt.

Monika wollte schon lange mal in den winzigen Inverness-Hafen direkt neben dem 8km langen Sandstrand und Golfplatz. Nach dem Baden haben wir uns im Golf-Public-House einen Livemusik-Abend anhören wollen am Canada-Day (Feiertag), aber die Atmosphäre war uns zu snobistisch. Golfplätze sind hier zwar normaler, aber Inverness gilt als eins der Top-Resorts Nordamerikas und so kommen Leute her, die hier irgendwie nicht hinpassen. Wir sind nach einer Tüte Pommes aus Süsskartoffeln mit Cola unlimited (die Kellnerin kam zum Nachschenken) wieder abgezogen.

Der Golfplatz von Inverness cabotlinks.com

Einer der Dorf- Jugendlichen sagte so schön, das sei fancy stuff, wenn wir richtig „real food“ essen wollten, müssten wir ins Miners Inn gehen. Das haben wir auch gemacht. Die Stadt ist geprägt von längst vergangenen Zeiten der Kohle-Minen. Die alten Häuser sinken in sich zusammen, vermutlich auch wegen Bodenabsenkungen. Aber der skurrile Charme lebt heute noch in den Winkeln.
oben links auf der Terrasse haben wir gesessen. Der Ausblick abends: 
Irre die Tische auf der Terrasse des "Coal Miners". Aber die Fischsuppe war sehr lecker

...und der Blick hat was skurriles

die Kirche hat Power (Strom)
Hier gibt es Internet, ein langer Fussweg dahin.. Dafür mit Cappuccino, sehr selten auf der Insel..

Ungewöhnlich alte, hohe Bäume, in die sich die Häuschen ducken. Und viele dicke, alte Ami-Schlitten von Marken wie Mercury, Plymouth, Oldsmobile oder so ähnlich, die sonst woanders eigentlich schon ausgestorben sind. Meist sitzen alte hagere Herren auf den Fahrersitzen, natürlich alle ohne Kopfstützen. Wir treffen immer wieder die Jungs, die uns beim Festmachen geholfen haben und sofort (alle mit Fischerei-Hintergrund) Details wissen wollten. Sie waren alle eigentlich im „schwierigen“ Alter 12 bis 15, aber so anständig und zurückhaltend, dass Monika sie alle an Bord lies. Als wir das Schiff noch mal verholten, weil stärkerer Wind angesagt und mir nicht so lieb am Fuel-Dock gelegen, buhlten die Jungs herrlich, wer die meiste Erfahrung hat, um die Leinen zu handeln. Eine solche Mixtur von schneeweißer Engländer typischer Hautfarbe bishin zu karibisch brauner Hautfarbe hab ich auch beim den Mädels, die in kleinen Grüppchen in Hot Pens in der Stadt flanierten, noch nie gesehen. Aber hier passt alles zusammen. Niemand stört sich an irgend etwas. Nur wenn einer sein Auto mitten auf der Straße parkt und die anderen beim Flanieren mit ihren Schlitten stört (jeden haben wir mindestens 5 Mal die Town Road auf und abfahren sehen) dann hupt schon mal einer. Ansonsten geht es langsam zu (die Hitze von gut 30 C° trägt dazu bei), auch nach dem Feuerwerk am Abend fließt die Autoschlange zivilisiert mit Abstand zum Vordermann ab. Das Feuerwerk war zu kinderfreundlicher Zeit um 22 Uhr. Die Kiddies saßen auf den Autodächern, auch wenn sie da nicht mehr sehen konnten oder „näher dran“ waren. Die Sicht mit dem 180° Panorama Meerblick, in dem die Sonne kurz vorher versunken war und nun noch ein paar Fischerboote mit ihren Positionslaternen ein paar Farbtupfer gaben, und auf der andern Seite in den weiten Wiesen das Feuerwerk aus erträglicher Ferne war ein schöner Abschluss dieses Canada-Days.
Eine der für uns handverlesenen Crabs. Sie laufen übrigens "zu Fuß" bis in die Karibik
Am zweiten Tag waren wir unter den Fischern in Inverness so "bekannt", dass sich immer mehr für unsere Reise hierher und für den Katamaran interessierten. Es dauerte nicht lange, dass ich ihre Schiffe besichtigen sollte und natürlich die Schätze im Schiffsbauch von Eis bedeckt: gerade gefangen King Crabs. Ich braucht gar nicht fragen, ob ich welche kaufen dürfte, da hatten sie schon welche in der Hand, hatten es meinen Augen abgelesen. Geld wollten sie auf keinen Fall. Da wir nun nicht so große Töpfe an Bord haben, fuhr einer los nach Hause und als wir vom Strandspaziergang zurück kamen, lag eine Tüte voll auf LIZA fertig zu einem köstlichen Abend-Dinner auf dem schönsten Restaurant der Welt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie wir geschlemmert haben.

Hier liegen wir nun an dem besten Platz im Hafen, den die Fischer extra für uns geräumt haben.
Heute wollten wir eigentlich aufbrechen nach Cheticamp, um dort einen Hurrikanausläufer für Übermorgen vorhergesagt abzuwarten. Davon riet uns aber der nette Harbour Manager Scott dringend ab, und das nicht etwa, um ein paar Dollar zu verdienen mit unserer Verlängerung in Inverness, sondern er sagte, wir dürfen „for nothing“ bleiben, aber nicht bei dem seiner Ansicht nach früher ankommenden Sturm losfahren. Überhaupt sei es in Cheticamp wegen der Fallwinde von den Bergen nicht so geschützt, wie hier. Und bei den plötzlich so hohen Temperaturen von noch nachts fast 30 Grad ist in etwa mit der doppelten Windgeschwindigkeit zu rechnen, wie die Amerikaner (NOAA) vorhersagen würden, die eh keine Ahnung davon hätten, was hier wirklich passiert. Also, wir blieben und haben sehr viel Wissen von diesem Schotten erfahren, dessen Vorfahren hier 1781 einwanderten. Es interessierte uns einfach alles, wie viele Fischer hier im Hafen von Hummerfang leben (22), wieviele Hummerkäfige eine Lizenz ausmacht (250), wie lang die Saison hier ist (Mai/Juni), wir erfuhren dass der Top Golfplatz direkt am Meer von fucking Americans gebaut wurde, die den Locals auch noch den Jahrhunderte alten direkten Zugang zum Meer verwehren würden und dem Dorf überhaupt nichts brächte, weil alles „eingeflogen“ wird, und im Golf Resort untergebracht wird. Überhaupt war er nicht gut auf die Nachbarn zu sprechen, die sogar die Ölfelder in Alberta geleast hätten, und nun die vielen Kanadier ausbeuten, die dort zwar gut bezahlt arbeiten aber auf Kosten unvorstellbarer Naturverschmutzung. Er sieht das alles, lebt aber seinen inneren Frieden, auch wenn er für viel Arbeit wenig bekommt. Er zeigte wieder einmal, dass es nicht viel auf der Insel gibt, außer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft im Überfluss, halt das zu teilen, was man hat. Wir fühlen uns sehr wohl hier, unternehmen lange Strandspaziergänge an Nordsee/Holland erinnernd aber bei mediterranen Temperaturen, die schon unsere Karibik-Wohlfühlgrenze erreichen, mit dem Unterschied, dass das Wasser mit 17 Grad wirklich erfrischt ;-)

Warten auf die Ausläufer von Hurricane Arthur, der morgen ankommen soll. Unser Ausblick im Inverness Harbour

 Das wird sich nun am Wochenende aber ändern, der erste-Hurrikan des Jahres im Atlantik wird Regen und somit Abkühlung mit sich bringen. Zum Glück hat er aufs Meer gedreht und wird dort an Kraft verlieren. Die Fischer bleiben aber weitgehend respektvoll im Hafen, - wir auch.

Samstag Nacht mit Fallwinden von den Bergen etwa beim L (Low, Tief) links in der Bildmitte zu sehen. 

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